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Rockerherzen blicken zurück – Ein Jahr nach dem Rockfabrik-Ende

RoFa Neon

Über ein Jahr ist es her, dass die Rockfabrik in Ludwigsburg schließen musste. Wir blicken zurück auf die Menschen, die in der Kultdisko wöchentlich Party machten und arbeiteten. Auf wilde Partynächte, Freundschaften und die Hoffnung, dass es bald weitergehen könnte. Um die alten RoFa-Gefühle wieder aufleben zu lassen, haben wir am Ende des Artikels eine Bildergalerie zusammengestellt.

Einer, der der Rockfabrik sehr nahe stand war Andreas Müller, besser bekannt unter dem Namen RoFagraf. Seit 2006 fotografierte er regelmäßig die Metalheads, Rocker, Goths, Emos und Punks auf der Tanzfläche. Zu dieser Tätigkeit kam er ganz zufällig. Andreas erzählt: „Ich war damals das fotografische Gedächtnis unserer Truppe und hatte da ausnahmsweise mal die große Kamera dabei. Und so kam es, dass mich der Zuständige von der RoFa angesprochen hat, ob ich nicht Lust hätte die Fotos zu machen.“ Für Andreas war die Rockfabrik ein „zweites Zuhause, in das du gehst, um deine Familie zu sehen.“ Vom „zweiten Zuhause“ einer Art Safespace für Metalheads, sprechen viele ehemalige RoFagänger. Darunter auch Swantje (22), die die RoFa gern mal als „Wohnzimmer“ bezeichnet. Auch Jana (22) sieht es ähnlich: „Für mich war die RoFa ein Ort, wo man so akzeptiert wurde wie man ist.“ Mit der Rockdisko verbindet sie vor allem: „Familie, Freude und Zusammenhalt.“

Einmal RoFa, immer RoFa!

Janas erster RoFa-Aufenthalt war dabei ein ganz besonderes Erlebnis: „Es war einfach nur superlustig. Ich hatte zuerst Angst, weil ich die Leute nicht kannte. Ich wurde dann aber direkt auf der Tanzfläche von den Freunden meiner Schwester aufgenommen und wir haben uns alle ein RoFa-Maß geteilt.“ So ähnlich erging es auch Kristina (27), die zum ersten Mal 2011 die Rockfabrik besuchte und danach zehn Jahre lang wöchentlich kam: „Als ich das erste Mal in die RoFa ging, war noch alles neu für mich. Die Leute mit ihren schwarzen Klamotten und Nietengürteln, die mit ihren langen Haaren zur laut dröhnenden Metalmusik headbangten, alles war irgendwie schräg und sehr lustig, alle waren gut drauf und aufgeschlossen. Ein großer haariger Kerl rannte auf mich zu und kreischte mir ‘Ich mag hellokittyyyy’ ins Gesicht und rannte davon. Das Eis war gebrochen und ich beschloss, hier gefällt es mir. Jeder konnte so sein, wie er will und sich die Seele aus dem Leib tanzen und auspowern, in einem Haufen von liebevollen und chaotischen Menschen.“ Auch Swantje erinnert sich noch gut an ihren ersten Tag in der Rockdisko und besonders an das erste Lied, dass sie damals erkannte: Haifisch von Rammstein. Spätestens da war sie so von der Kultdisko begeistert, dass sie anschließend genau wie Kristina jeden Freitag dort war.

Samuel (25), der ab 2014 regelmäßig die RoFa besuchte, erzählt: „Wir sind immer von Stuttgart-Zuffenhausen aus losgefahren. Am Anfang haben wir ein paar Mal dort zwei komische Gestalten mit Metalshirts gesehen. Aber wir kannten sie nicht und haben uns lange nichts dabei gedacht. Dann habe ich irgendwann einen der beiden aus Versehen in der RoFa angerempelt und er drehte sich um, schaute auf mein Sabaton-Shirt und rief ‘Sabaton für immer’. Da dachte ich mir dann: Den mag ich! Später ist auf diese Weise eine Freundschaft entstanden.“ So wie Samuel ging es wohl vielen in der Rockfabrik, es war ein Ort, an dem sich Leute trafen, die anders waren. Aber eben auch ein Ort, an dem sie so akzeptiert wurden, wie sie sind.

Eine Ära geht zu Ende

Über 35 Jahre lang begeisterte die Rockfabrik in der Ludwigsburger Weststadt, bis sie schließlich Ende des Jahres 2019 geschlossen wurde. Das konnte damals weder mit 31 000 Unterschriften noch einer Demonstration im September 2019 mit rund 2 000 Teilnehmern verhindert werden. Gegründet wurde die Rockfabrik am 30. November 1983 auf dem Gelände einer ehemaligen Kühlschrankfabrik. Auf zwei Ebenen wurde Musik aus verschiedenen Stilrichtungen gespielt – neben Heavy Metal auch Nu Rock, Classic Rock und Industrial. Darüber hinaus fanden regelmäßig Themenpartys und Konzerte statt. Und die Rockfabrik hatte sie alle: Von Subway to Sally, über Slayer, Motörhead, Lordi, Volbeat bis hin zu Hammerfall und Doro – sie alle sahen die Rockfabrik von innen und standen auf ihrer Bühne. Daneben kamen auch immer wieder Rockgrößen zum Feiern in die Kultdisko. Darunter Mitglieder der bekannten Metalbands Metallica und Iron Maiden.  Nach der Gründung in Ludwigsburg entstanden im Laufe der Jahre auch in anderen Städten wie Leingarten, Kehl, Nürnberg und Augsburg weitere „Rockfabriken“. Von diesen ist heute aber nur noch jene in Augsburg geöffnet.

RoFa 2.0

Dabei hoffen auch bei der Ludwigsburger Rockfabrik noch viele, dass es weiter geht. Darunter auch Samuel, der betont: „Stuttgart und Umgebung bietet wenig, was diese Subkultur abdeckt. Ich hoffe wirklich, dass es wieder so einen Platz gibt. Gerne auch eine neue Rockfabrik mit größeren Veranstaltungen.“  Auch RoFagraf Andreas hofft, dass sich die Kultdisko „wie der Phönix aus der Asche erheben mag.“ Wie aus einem aktuellen Interview hervorgeht, sind die Ex-Rofachefs Christian Albrecht und Otto Rossbacher nach wie vor auf der Suche nach einer neuen Location, auch wenn die Pandemie diese Pläne derzeit verlangsamt.

RoFa ist einfach Liebe

Viele vermissen die RoFa-Klassiker, die freitags gespielt wurden: “Last Resort” von Papa Roach, “Still Counting” von Volbeat und “Best Day” von Eskimo Callboy. Swantje betont: „Die sind fast immer gespielt worden, jeder kannte sie und fast jeder hat mitgesungen.“ Kristina ergänzt: „Bei den besten Liedern haben alle gleich die Bierkrüge stehengelassen und sind zur Tanzfläche gerannt, um jede Sekunde des Songs auf der Tanzfläche abzugehen.“ Für Andreas, der 31 Jahre lang Teil der Rockdisko war, lässt sich das RoFa-Gefühl nicht in Worte fassen: „Es ist unmöglich, in einem Satz zu beschreiben, um auch nur ansatzweiße klarzustellen, wie wundervoll es dort war.“ Viele schätzten vor allem das „familiäre und freundschaftliche Verhältnis zwischen den Besuchern und den Mitarbeitern“, darunter auch Swantje. Kristina blickt zurück: „Wir kamen nicht nur zum Tanzen, sondern auch um eine anstrengende Woche hinter uns zu lassen, unsere Liebsten zu treffen, sich alles von der Seele zu reden und jede gute Nachricht zusammen zu feiern.“

In Samuels Augen war die Rockfabrik vor allem eines: „Sie war einfach anders, anders als alles andere. Es war viel familiärer, alle waren enger zusammen und anders drauf, die Stimmung und das Feeling waren anders, das Gefühl, wenn man reingekommen ist und sich gleich wie Zuhause gefühlt hat. In einem Satz würde ich sagen: RoFa ist einfach Liebe.“